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Maler der beschädigten Welten
Jan Eeckhout mit „Trash Comics + Wonderful World“ in der Galerie Kubus.
Von Daniel Alexander Schacht
Play“ prangt in einer Ecke des Bildes, und der nebenstehende Pfeil zeigt darauf, um
was für fragwürdige Spiele es geht: In dieser „Wonderful World“ hockt ein Soldat im
Artilleriestand,da ragt ein Maschinengewehr auf, da prangen Strahlenwarnzeichen –
düster-einfarbig gemalte Details im Hintergrund
in schreiendem Widerspruch zum knallbunt und feixend davor posierenden Pärchen.
Was wird hier gespielt?
Die Bilder des Jan Eeckhout sind stets mehrfach kodierte, mit großer handwerklicher
Finesse gestaltete Bedeutungswelten, in denen sich der in Hannover lebende Künstler
der Widersprüche unserer Wirklichkeit ebenso annimmt wie den Erzählungen darüber.
Und weil es hier um visuelles Erzählen geht, ist es nur logisch, dass Eeckhout mehrere
Ebenen in ein Bild – oder gleich mehrere Bilder nebeneinander setzt. Das eine wie das
andere ist jetzt in der neuen Ausstellung im Kubus zu sehen, die so heißt wie die
beiden dort gezeigten Werkgruppen: „Trash Comics + Wonderful World“.
Darin sind Techniken der Montage in vielfältiger Weise zu besichtigen. Montiert werden
ja auch die Einstellungen eines Films – die „Trash Comics“ im ersten Teil der
Ausstellung präsentiert Eeckhout gleichfalls als Montagen von Standbildern und nennt
sie kurzerhand „Ultrakurzfilme“. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Arbeiten um
Diptychen und Triptychen, wenn man so will also um Filme mit zwei oder drei (in
diesem Fall: Stand-)Bildern. Stets ist eines davon eine Malerei im Comic-Stil und
daher wie ein Comic auf Erzählung angelegt.
Diese Malereien erzählen vor allem davon, wie unterschiedlich man mit Bildern
erzählen kann – und sie spielen damit, wie unterschiedlich in der Geschichte der
Malerei eben auch schon erzählt worden ist.
Dabei lässt Eeckhout auf beiden Ebenen ein Gefühl zum Ausdruck kommen. Trauer
zum Beispiel: Auf dem einen Teil eines Diptychons vergießt ein seriell gedoppelter
„Superboy“ eine Träne, auf dem anderen ist eine psychedelisch anmutende
Albtraumlandschaft zu ahnen, die sich auch als Lockenkopf mit Schnurrbartwelle und
Tränenstrom deuten lässt – so muss es aussehen, wenn Picasso in seiner
kubistischen Phase mit Crystal Meth gegurgelt hätte. Oder Scham: Auf der einen Seite
dreht ein Mann seine Augen von der Frau weg, die ihm Vorwürfe macht, auf der
anderen birgt ein Knabe, der wie aus einem späten Beckmann-Bild entsprungen ist,
das Gesicht in seiner eigenen Schulter.
Wer will, mag weitere kunsthistorische Bezüge entdecken, auch in der Werkgruppe
„Wonderful World“. Da ist ein Potpourri aus „Find“-Button und Youtube-Logo, Micky
Maus und einer Frau mit der Frage „Woran glaubst du?“ überschrieben – und neben
diesen Glaubensofferten starrt ein verklemmt wirkender Mann vor dem Bildhintergrund
von Munchs „Schrei“-Litho. Seelenmalerei der sedierten statt der expressionistischen
Art.
Eeckhout, Meisterschüler an der HBK Braunschweig und Kunstlehrer in Hannover,
zeigt auf diese Weise vorwiegend beschädigte Welten. vom Jesus-Kopf über die Cola-
Flasche bis zum Porsche-Umriss hantiert er dabei souverän mit den Bildikonen
unserer Zeit – und demontiert deren traditionelle Botschaften, indem er sie durch seine
Montage in neue, bisweilen entlarvende Zusammenhänge stellt, sie in Widersprüche
verwickelt. Ein ärgerliches Spiel nur für jene, die die Ikonen der Warenästhetik anbeten
wollen. Und ein Spaß für alle anderen.